Mit dem Expresszug, der bis nach Chennai fährt, kommen wir mit 30 minütiger Verspätung so gegen viertel nach zehn abends in Madurai an. Wir sind immer wieder fasziniert davon, wie lange so ein Zug unterwegs ist, die Strecke Kanyakumari bis Chennai ist ca. 900 km lang und dauert lt. Fahrplan 14 Stunden, da wir schon bis Madurai 30 Min. Verspätung haben, wird es eher noch länger dauern. Lt unserem Reiseführer dauert die längste Strecke, die man non-stop fahren kann 86 Stunden!!
Aber zurück nach Madurai: wir haben über booking.com ein Zimmer reserviert und lassen uns von einem Tuktuk dorthin fahren. Hier in Indien hat um 22 Uhr schon fast alles geschlossen, nur auf der Hauptstraße nimmt der Verkehr trotzdem nicht ab. Ein Bus muss gleich mal anhalten, als wir uns in den Verkehr einfädeln und auch ein Radfahrer kommt ins Straucheln, aber zuguterletzt passiert nichts und jeder fährt einfach weiter.
Unser Hotel liegt optimal, nämlich gerade mal ca. 300 m vom Minakshi-Amman-Tempel entfernt.
Das ZImmer sieht zwar aus, wie die Fotos auf booking.com, nur stand leider nirgends, dass es kein Fenster hat und klitzeklein ist. Man kann gerade einmal ums Bett laufen, also einer ;-). Immerhin ist das Hotel neu und daher ist das Bad richtig sauber, so etwas sieht man ja selten hier. Bevor wir aber schlafen können, müssen wir auf Moskitojagd gehen, hier fliegen zig Mücken durchs Zimmer und ein Moskitonetz gibt es nicht. Am nächsten Morgen stellen wir dann fest, dass das warme Wasser nicht geht, so suchen wir uns, nach der kalten Dusche, ein Frühstück und werden einmal ums Eck fündig. Dort gibt es lecker Dosas mit zig Chutneys:
Madurai ist so eine typische indische Großstadt, mit viel Verkehr und vielen kleinen Läden, selten gibt es einen Gehsteig, und wenn, stehen da meist Motorräder oder die Läden haben sich ausgebreitet, so muss man immer irgendwie am Straßenrand entlang laufen. In Städten ist das Licht auch irgendwie anders als bei uns. Es sieht mehr gelblich aus und man fühlt sich, wenn man das Straßenleben mit den einfachen Fahrradrikschaws, den Bettlern und Kühen und einfachen Karren beobachtet, wie in eine andere Zeit zurück versetzt. Wenn es dunkel wird kommt noch Endzeitstimmung hinzu: eine Atmosphäre wie in einem Emmerichfilm. Manchmal bleibe ich stehen, nur um alles um mich herum in Ruhe zu betrachten, da sich das immer wieder einfach nur unwirklich anfühlt.
Am ersten Tag kümmern wir uns um Organisatorisches: Wir brauchen nämlich noch einen Fahrer, der uns nach Mettupalayam bringt. Wir fragen uns am Taxistand mal durch und notieren uns von einem Fahrer die Nummer. Dann suchen wir uns ein klimatisiertes Restaurant und schreiben Reiseberichte und sortieren die Fotos aus.
Wieder auf “Normaltemperatur” gekühlt, fahren wir zum Gandhi Memorial Museum. Das Museum zeigt eine Ausstellung über die Kolonialzeit und Gandhis Rolle in Indiens Unabhängigkeitskampf. Die Engländer kommen hier nicht besonders gut weg. Interessant finde ich vor allem die neuere Geschichte, insbesondere wie es zu der Teilung von ehemals Britisch-India in Indien und Pakistan gekommen ist. Eine kleinere Ausstellung setzt sich mit Gandhis Leben auseinander und zeigt tatsächlich den blutverschmierten Dhoti, den Ghandi getragen hat, als er erschossen wurde. Alles in allem eine sehenswerte Ausstellung, bei der die Zeit nur so verfliegt.
Abends suchen wir uns ein Restaurant auf einer Dachterrasse, um dem Chaos etwas zu entfliehen. Das ist gar nicht so einfach, selbst im 7. Stock kann man dem Verkehrslärm nicht entrinnen, aber immerhin gibts hier leckers (scharfes) Essen.
Am nächsten Tag, der diesmal mit einer warmen Dusche beginnt, besichtigen wir einen kleinen Tempel, von dem unser TukTuk-Fahrer meint, dass man den unbedingt gesehen haben muss und den Tirumalai-Nayak-Palast bzw. was davon noch übrig ist:
Zuguterletzt besuchen wir den Minakshi-Amman-Tempel. Der Minakshi-Amman Tempel ist für Südindien ungefähr das, was das Taj Mahal für Nordindien ist, so erklärt das zumindest unser Reiseführer. Der Tempel hat 5 Eingänge und bei jedem muss man sich anstellen und wird wie am Flughafen gecheckt. Die Schuhe haben wir davor schon abgegeben und sehen dann auch, dass man keine Kameras mit in den Tempel nehmen darf. Wir stellen uns einfach mal an, und dummerdings steh ich mal wieder in der Männerschlange, da gar keine Frauen vorher da waren, hab ich gar nicht gesehen, dass ich in den Gang nebenan muss. Also wechsel ich schnell und werde gescheit abgetastet und meine Tasche durchsucht. Die Kamera sieht die Frau erst nicht und fragt mich daher: “Camera?” worauf ich sage: “I don’t use it!” daraufhin das typische indische Kopfschütteln, sie grinst mich an und schickt mich weiter. Puh, geschafft.
Christian wird gerade von einem Herren durchsucht, der nicht so kooperativ ist. Er holt alles, was Christian dabei hat aus der Tasche heraus und schickt ihn dann wieder weg. Es gibt nämlich, das haben wir vorher nicht gesehen, beim Schuhstand auch Schließfächer, also schließt Christian seine Tasche samt Kamera weg, stellt sich nochmal an und darf dann auch endlich rein.
Los gehts:
Man kommt zuerst mal wieder durch einen Gang, an dem rechts und links kleine Shopps sind, bevor man zu einem 4-eckigen Wasserbassin kommt, wie ihn viele Tempel haben. Dort stehen tatsächlich Schilder, auf denen steht, dass man, wenn man mit der Handykamera Fotos machen möchte, eine Erlaubnis für 50 Rupies kaufen kann??!! Das versteh mal einer. Handy haben wir natürlich keins dabei, daher gibts auch keine Fotos. Dort, beim Wasserbasin spricht uns ein Guide an, den wir auch gleich anheuern. Ein netter Kerl, der Sozialist und Christ ist und neben den Infos über den Tempel auch gerne politisch wird. Er führt uns durch den Bereich, in den wir als nicht Hindus gehen dürfen (ins innerste dürfen oft nur Hindus) und erklärt uns alles. So erfahren wir, dass Minakshi keine geringer als Parvarti ist, Shivas Frau und Ganesh Mutter. Es gibt einen Minakshi-Schrein und einen Shiva-Schrein und jeden Abend eine Zeremonie, in der Shiva zu Minakshi gebracht wird, bei der er dann die Nacht verbringt. Außerdem sagt die Legende, dass die wunderschöne Minakshi mit drei Brüsten zur Welt kam und die dritte Brust schmelzen werde, sobal sie ihren Ehemann trifft. Das trat ein, als sie Shiva traf. Auch Ganesha, als Sohn von Parvarti und Shiva ist als Statue sehr oft im Tempel vertreten. An einer recht großen Ganesh Statue bleiben die Gläubigen stehen, ziehen sich selbst an den Ohren und machen ein paar Kniebeugen. Das sieht ganz lustig aus. Unser Guide erklärt uns, dass sie damit Buße tun. Dann gibt es noch eine Empore auf der steht für jeden Planet eine Figur. Hier laufen die Gläubigen 7 mal drumherum. Die indische Einstellung zur Astrologie ist ja auch eine andere als bei uns. Bis wir aus dem Tempel herauskommen ist es schon dunkel und wir laufen durch die Weltuntergangsstimmung zu unserem Hotel.
Fotos gibt es hier.